Otto Thomasczek

Landschaftsmaler und Stadtbild-Chronist

Der Maler Otto Thomasczek

Am 5. April 1854 wurde Otto Thomasczek in Kassel in der Friedrichstraße 7 geboren. Er war der Sohn eines Hof-Opernsängers, der aus Schwarzstein in Ostpreußen stammte. Otto Thomasczek, der zunächst in Eschwege lebt, schuf rastlos Werke mit Motiven von Alt-Kassel. Später verschlug es ihn nach Berlin und 1888 nach Potsdam, wo er 1892 seine Frau Bertha heiratete. Aus der Ehe gingen die Töchter Charlotte und Dora hervor.

1904 ließ er sich mit seiner Familie in Mühlhausen zunächst in dem Eckhaus Gierstraße 64 (Ecke Tilesiusstraße) nieder, wo er zahlreiche Bilder malte, die die Vorlagen für Postkarten bildeten.

In der Stadt fand der Künstler seine „zweite Heimat“. Im März 1906 stellte er Aquarelle und Zeichnungen in Albrechts Buchhandlung am Steinweg 85 aus. Archivar Dr. Kunz von Kauffungen empfahl 1906, von den 20 Aquarellbildern „Wanderungen um die alten Mauern der alten Reichsstadt Mühlhausen“ des Kunstmalers eine farbige Postkartenserie (24 Stück, ca. 2 Mark) herstellen zu lassen.

Ab 1907 wohnte die Familie Thomasczek in der Mittelstraße 100. Ab dem 4. Juli 1922 lebte der Künstler wieder in seiner Geburtsstadt Kassel, wo er am 26. Januar 1923 verstarb.

Bei manchen alteingesessenen Mühlhäuser Familien entdeckt man noch Gemälde mit Stadt- und Landschaftsmotiven von Thomasczek, beispielsweise von der Klingenmühle in der Friedrich-Engels-Straße 23 oder vom Wohnhaus am Lindenbühl 7.

Der Maler schuf in Mühlhausen eine Fülle teils farbiger Entwürfe für Ansichtskarten, etwa vom Schützenberg, vom Blobach mit Frauentor und Rabenturm, vom Hohen Graben mit Stadtmauer und Gartenhäuschen, vom „Zentral-Kaffeehaus“ an der Stätte, von der Burgruine am Kreuzgraben mit dem alten jüdischen Friedhof, von der Georgischule, vom heutigen Tilesius-Gymnasium „An der Burg“ sowie einen Blick auf die Stadt vom Stadtberg aus.

Der Künstler hielt in einer Serie auch den Bau der Bahnlinie Mühlhausen-Treffurt fest, die 1911 eröffnet wurde. Thomasczek zeichnete fast alle alten Steinkreuze im Altkreis Mühlhausen und etliche darüber hinaus. Er malte Bilder von zahlreichen Mühlhäuser Dörfern – Volkenroda, Görmar, Niederdorla, Dörna …

In Grabe schuf er 1908 die Deckenmalerei für den Saal der Gemeindeschänke, des heutigen Bürgerhauses. Es sind acht großformatige Gemälde mit Motiven aus dem dörflichen Leben jener Zeit. Sie reflektieren die Jahreszeiten, aber auch Höhepunkte im Landleben und geographische Sichten aufs Dorf. Vier Bilder sind betitelt mit „Ackerbau“ (Dorfansicht und Hinter der Ziegelhütte), „Johanni“ (Dorfeingang mit dem Flüsschen Notter), „Ernste“ (einstige Fernverkehrstraße 249 und ehemalige Kalkmühle) und „Schützenfest“ (ehemaliger Schießstand).

Er durchwanderte oft das Eichsfeld und zeichnete bzw. malte Landschaften, Dörfer und Städte. Otto Thomasczek wurde zu einem weithin geschätzten Maler jener Region.

1997 präsentierte das Theodor-Storm-Literaturmuseum in Heiligenstadt eine Wanderausstellung mit Werken Thomasczeks. Vorgestellt wurden Bilder aus dem Eichsfeld: Burg Bodenstein, Teistenburg, Hülfensberg, Keudelskuppe, Schloss Bischofstein, die Hagemühle, Kloster Zella. Außerdem entdeckte man in den Eichsfeld-Bildern Thomasczeks Bildmotive wie Klüschen Hagis, Hanstein, Heiligenstadt (mehrfach), Leinefelde und den Blick ins Werratal.

Der Verlag F.W. Cordier in Heiligenstadt besitzt Kunstblätter Thomasczeks. Er wäre fast in Vergessenheit geraten, hätte Cordier nicht dessen Eichsfeld-Bilder zwischen 1993 und 1996 als Kalender herausgegeben. Ferner gab jenes Verlagshaus mehrere Folgen mit Bildpostkarten „Wanderungen durch das romantische Eichsfeld“ heraus.

Im Stadtmuseum Kassel werden Bilder von ihm aufbewahrt. Paul Schmaling nahm den Maler auch in das „Künstlerlexikon Hessen 1777-2000 (von 2001) auf.

Otto Thomasczek schrieb sich nachhaltig auf vielfältige Weise als romantischer Maler des Eichfeldes und als Stadtbild-Chronist vor allem der Städte Heiligenstadt und Mühlhausen ins Gedächtnis jener Regionen ein.

Dieter Fechner
Thüringer Allgemeine

Anmerkung:
Eine Auswahl der eichsfeldischen Ansichtskartenmotive Thomasczeks finden Sie in der folgenden Bildgalerie.